Warnsignale erkennen: Besserer Schutz von Kindern und Jugendlichen im Netz

Das Weihnachtsfest steht bevor – und damit auch wieder strahlende Kinderaugen über Geschenke wie Tablets, Computer und Smartphones. Ohne die digitalen Endgeräte läuft in Freizeit und Schulbetrieb heute fast nichts mehr. Doch wie steht es um die Sicherheit der Jungen und Mädchen im Netz? Sind sie bereit für die Nutzung von Messengern und sozialen Netzwerken? Schließlich werden Cybergrooming und sexuelle Ausbeutung im Netz zu einem immer größeren Problem, wie auch die EU-Initiative Klicksafe bestätigt. Mit zahlreichen Informationsmaterialien, Videos und Plakaten wird entsprechend Aufklärung betrieben. Die Links befinden sich hier im Artikel.
Dass Kinder und Jugendliche im Netz belästigt werden, ist inzwischen ein weit verbreitetes Phänomen: Fast ein Viertel aller 8- bis 18-Jährigen und somit jedes vierte Kind, so das Ergebnis einer repräsentativen Studie im Auftrag der Landesanstalt für Medien NRW von Dezember 2021, ist online schon einmal von fremden Erwachsenen zu einer Verabredung aufgefordert worden. Jedes siebte Kind hat bereits ungefragt Nacktfotos von Fremden geschickt bekommen, ebenso viele wurden dazu angehalten, sich vor Webcam oder Smartphone-Kamera für eine erwachsene Internet-Bekanntschaft auszuziehen.
„Diese aktuellen Untersuchungszahlen sind außerordentlich alarmierend. Alarmierend ist auch, dass solche Taten nur selten angezeigt werden. Dieser Zustand nimmt uns alle in die Pflicht. Vor allem müssen sich Eltern, Lehrkräfte und weitere Bezugspersonen von Kindern gemeinsam der Dimension bewusst werden, die hinter dem Begriff Cybergrooming steht. Entsprechend setzt die Klicksafe Kampagne explizit bei Eltern an, damit sie Warnsignale erkennen und im Ernstfall richtig handeln können“, so Dr. Tobias Schmid, Direktor der Landesanstalt für Medien NRW.
Täterinnen und Täter von Cybergrooming sind nicht nur Erwachsene. Auch Kinder und Jugendliche können Gleichaltrige im Internet belästigen. Tatsache ist, dass in den letzten Jahren ein Anstieg unter jugendlichen Tatverdächtigen zu verzeichnen ist (2021: 679 Jugendliche im Vergleich zu 510 jugendlichen Tatverdächtigen im Jahr 2020). Eine analoge Entwicklung gibt es in der bundesweiten Polizeilichen Kriminalstatistik unter Tatverdächtigen unter 14 Jahren: Während 2020 noch 289 Kinder als tatverdächtige registriert wurden, waren es 2021 414 Kinder). Insgesamt wurden 2021 3006 Tatverdächtige erfasst (2020 waren es 2567 Personen). Die Zahlen stammen aus der Tabelle Tatmittel Internet.
Viele Handlungen im Zusammenhang mit Cybergrooming sind strafbar, sie werden als eine Form des sexuellen Kindesmissbrauchs gewertet. Sexueller Kindesmissbrauch kann mit und ohne Körperkontakt stattfinden. Der Paragraf 176a (StGB) stellt den sexuellen Missbrauch von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind unter Strafe. Strafbar ist es, Minderjährige zu sexuellen Handlungen in der realen und digitalen Welt zu überreden oder ihnen pornografische Inhalte (darunter Nacktbilder) verfügbar zu machen. Bereits der Versuch in allen genannten Fällen ist eine Straftat.
Für betroffene Kinder und Jugendliche ist es oft schwer, sich Eltern und anderen Bezugspersonen anzuvertrauen. Dabei können und sollten Eltern gemeinsam mit ihren Kindern konkrete Vereinbarungen für den Ernstfall treffen.
Erste Hilfe bei Cybergrooming
- Dokumentieren Sie als Elternteil den Chat-Verlauf.
- Wenden Sie sich (auch telefonisch) an Ihre örtliche Polizeidienststelle.
- Fragen Sie nach, wie Sie gesicherte Beweise übermitteln können. Erkundigen Sie sich konkret danach, ob Sie anzügliche Bilder oder Videos aus dem Chatverlauf sichern sollen. Je nach Inhalt der Aufnahmen könnten Sie sich unter Umständen selbst strafbar machen.
- Nach Absprache mit der Polizei blockieren Sie den Absender oder beantragen Sie eine Löschung des Accounts beim jeweiligen Netzwerk.
- Nehmen Sie und vor allem Ihr Kind Hilfe an. Es gibt Opferberatungsstellen für Kinder und Eltern, die dabei helfen, das Erlebte zu verarbeiten.
„Dein Kind teilt Fotos mit Freunden. Oder Fremden?“ Mit solchen provokanten Fragen spricht Klicksafe im Rahmen ihrer Social-Media-Kampagne auf Instagram, Facebook und Twitter auch diejenigen Eltern an, die sich bislang noch nicht intensiv mit den Gefahren von Cybergrooming beschäftigt haben. Praktische Hilfestellung und Hintergrundwissen zum Thema vermitteln außerdem ein Erklärvideo, die Infobroschüre „Und dann wollte er Nacktfotos – So machst du dein Kind stark gegen sexuelle Belästigung im Netz“ sowie eine Familien-Checkliste zum gemeinsamen Durcharbeiten. Auf der Klicksafe Website www.Klicksafe.de/JedesVierteKind finden sich alle Kampagnenbausteine zu den Erfahrungen von Kindern mit sexualisierter Ansprache im Netz gebündelt. Die neuen Materialien stehen dort kostenlos als Download oder als Printversion zum Bestellen zur Verfügung.
Die Initiative Klicksafe betreibt in Kooperation mit der Online-Beratungsplattform JUUUPORT.de mit den Hashtags #WehrDICH und #GegenCybergrooming bereits eine Kampagne zum Thema Cybergrooming, die Kinder und Jugendliche direkt anspricht. Im Mittelpunkt dieser Kampagne steht die Stärkung von Kindern und Jugendlichen, so dass sie sich selbst vor einer gezielten Kontaktanbahnung im Netz schützen und dagegen wehren können. Denn wenn Kinder und Jugendliche in Sozialen Medien online sind, sollten sie wissen, wie sie ihr eigenes Profil schützen, Kontakte melden und blockieren können. Wichtig ist zudem, dass sie Anlaufstellen kennen und gerüstet sind, sich Hilfe zu suchen, wenn sie von sexualisierter Gewalt im Netz betroffen sind.
Klicksafe hat zum Ziel, die Online-Kompetenz der Menschen zu fördern und sie mit vielfältigen Angeboten beim kompetenten und kritischen Umgang mit dem Internet zu unterstützen. Die EU-Initiative ist politisch und wirtschaftlich unabhängig und wird in Deutschland von den Medienanstalten in Rheinland-Pfalz (Koordinator) und in Nordrhein-Westfalen umgesetzt. Auf der Website www.Klicksafe.de finden Nutzende eine Vielzahl von aktuellen Informationen, praktischen Tipps und Unterrichtsmaterial zu digitalen Diensten und Themen. Die Zielgruppen sind Lehrkräfte, pädagogische Fachkräfte, Eltern, Kinder, Jugendliche und Multiplizierende. Klicksafe ist das nationale, deutsche Awareness-Centre und wird gefördert durch das CEF Telecom Programm der Europäischen Union. Seit 2008 koordiniert Klicksafe auch das Safer Internet Centre DE, dem die Internet-Hotlines von eco, FSM und jugendschutz.net sowie die Helpline Nummer gegen Kummer angehören.
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Textauszug aus www.klicksafe.de und www.polizei-Beratung.de