Wenn Opfer bloßgestellt und Helfer behindert werden

Eine Frage an alle Smartphone-Nutzer: Wenn Sie sich in einer hilflosen Lage befänden, schwer verletzt wären oder vielleicht sogar tot - würden Sie sich wünschen, dass unbeteiligte Personen in dieser Situation Fotos oder Videos von Ihnen anfertigen und diese im Internet oder in sozialen Netzwerken verbreiten? Leider kommt genau dies immer wieder vor. Dabei machen sich die Filmenden und auch alle, die derartige Aufnahmen verbreiten, strafbar!
An einem Einsatzort müssen viele kleine Rädchen reibungslos ineinandergreifen. Nur so ist es möglich, schnelle und professionelle Hilfe zu gewährleisten. Immer wieder werden die Einsatzkräfte jedoch durch Schaulustige in ihrer Arbeit behindert. Insbesondere das Versperren von Zugangswegen durch sensationshungrige „Gaffer“ bereitet große Probleme.
Bei den Rettungsmaßnahmen geht es oft um wenige Sekunden, die zwischen Leben und Tod entscheiden. Bei der Übernahme des Einsatzortes durch die professionellen Helfer herrscht grundsätzlich Gedränge. Behinderungen bzw. Verzögerungen durch Schaulustige können einem in Not befindlichen Menschen das Leben kosten.
Die Polizei appelliert immer wieder an die Menschen, sich im Unglücksfall richtig zu verhalten und die Einsatzkräfte nicht zu behindern. Ersthelfer sind sehr wichtig und notwendig, Schaulustige und sensationshungrige „Gaffer“ sind unerwünscht.
Ein Schaulustiger, der die Einsatzkräfte behindert oder Bildaufnahmen macht, muss mit einer hohen Geldstrafe rechnen. Das Fotografieren und eine unterlassene Hilfeleistung sind sogar Straftaten, die mit einer Haftstrafe geahndet werden können. Gemäß §323c Strafgesetzbuch besteht die Pflicht zur Ersten Hilfe, vorausgesetzt sie ist zumutbar und erforderlich. Wer trotzdem nicht hilft, der begeht eine Straftat. Auch Fotos und Videos von Menschen in Not anzufertigen, ist verboten und wird bestraft - ebenso das Weiterverbreiten (also das Teilen in sozialen Netzwerken). Die Bestimmungen sind im §201a Absatz 1 des Strafgesetzbuches verankert.
201a Abs. 1 STGB Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen
Mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,
- eine Bildaufnahme, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt,
- eine Bildaufnahme, die in grob anstößiger Weise eine verstorbene Person zur Schau stellt, unbefugt herstellt oder überträgt,
- eine durch eine Tat nach den Nummern 1 bis 3 hergestellte Bildaufnahme gebraucht oder einer dritten Person zugänglich macht oder
- eine befugt hergestellte Bildaufnahme der in den Nummern 1 bis 3 bezeichneten Art wissentlich unbefugt einer dritten Person zugänglich macht und in den Fällen der Nummern 1 und 2 dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt.
323c STGB Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden Personen
(1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer in diesen Situationen eine Person behindert, die einem Dritten Hilfe leistet oder leisten will.